Nachwuchsförderpreise 2012

Sechs junge Forscherinnen der Universitäten Bonn, Köln und Münster sind 19. November 2012 mit gestaffelten Förderpreisen von 1.000 bis 5.000 Euro vom Kompetenzzentrum Verbraucherforschung NRW für ihre Beiträge über praxisrelevante Verbraucherthemen ausgezeichnet worden.

Sechs junge Forscherinnen der Universitäten Bonn, Köln und Münster wurden am 19. November 2012 mit gestaffelten Förderpreisen von 1.000 bis 5.000 Euro vom Kompetenzzentrum Verbraucherforschung NRW für ihre Beiträge über praxisrelevante Verbraucherthemen ausgezeichnet. Die Laudationes, die hier in Auszügen veröffentlicht werden, hielt Professorin Dr. Caroline Meller-Hannich, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des KVF NRW.

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Preisträgerinnen 2012: Dissertationen

1. Preis: Nina Langen (Universität Bonn) | Ethics in Consumer Choice – An Empirical Analysis based on the Example of Coffee

Bei der Arbeit von Frau Nina Langen geht es um ethisch veranlasstes Verbraucherverhalten. "Ethics in Consumer Choice – An Empirical Analysis based on the Example of Coffee" fragt nach den Möglichkeiten, Präferenzen bei Verbraucherentscheidungen zu messen. Es geht um ethisch veranlassten Konsum und dies vor allem am Beispiel von Fair Trade einerseits und Spendenverhalten andererseits. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten haben verschiedene Formen ethischen Handelns? Nach welchen Kriterien, so fragt Frau Langen, gehen Verbraucher bei ihrer Entscheidung, etwa, ob sie ein fair gehandeltes Produkt kaufen sollen, vor? Warum gibt es Unterschiede in verschiedenen Arten ethisch veranlassten Verbraucherverhaltens? Frau Langen verbindet dabei wissenschaftlich theoretisches Arbeiten mit überzeugender Empirie. Es gelingt ihr, Handlungsempfehlungen für politische und unternehmerische Entscheidungsträger abzuleiten. Es können sogar divergierende Zahlungsbereitschaften für diverse Verbrauchersegmente berechnet werden. Ein konkreter durchaus interessanter Vorschlag lautet, einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für ethisch erzeugte Produkte zu gewähren. Es handelt sich um eine Arbeit, die große Bedeutung für Praxis und Forschung zum Verbraucherverhalten hat und in ihrer Thematik und Originalität ausgezeichnet ist.

2. Preis: Kristina Klein (Universität Köln) | Essays on the effects of brand names and prices on consumer behaviour

Frau Klein wurde mit ihrer Arbeit über die Wirkungen von Markennamen und Preisen auf das Verbraucherverhalten in der Betriebswirtschaftslehre promoviert. Wie werden ausländische Marken verstanden, wie eine Marke positioniert, welche ggf. adversen Effekte hat der Preis eines Produkts? Die Arbeit zeichnet sich durch einen hohen empirischen Anteil, eine tief greifende theoretische Fundierung und eine besondere praktische Relevanz aus. In Teilen wurde sie bereits in einschlägigen international anerkannten Fachzeitschriften veröffentlicht.

3. Preis: Jasmin Geppert (Universität Bonn) | Modelling refrigerators’ energy consumption under real life conditions in Europe

Frau Geppert hat mit ihrer Arbeit zum realen Energieverbrauch von Kühlschränken in der Ökotrophologie promoviert. Wir kennen alle die Verbrauchsangaben für Haushaltsgeräte, Autos etc. Die Energieeffizienz kann und soll durch diese Angaben unser Kaufverhalten beeinflussen. In der Regel stimmt aber bei uns zu Hause aus irgendeinem Grund nicht, was dort angegeben wird, denn wir sind alle anders und bedienen Geräte sehr individuell. Und mit diesem Auseinanderklaffen beschäftigt sich Frau Geppert. Die Arbeit beschäftigt sich also mit der Relativierung von Messdaten aufgrund individuellen Nutzerverhaltens. Die Thematik ist hochaktuell. Die Originalität der Arbeit liegt in der Verbindung der praktischen aktuellen Fragestellung und deren Beantwortung über ein theoretisch, methodisch und empirisch sehr ausgereiftes Modell. Sie trägt damit dazu bei, eine Methode zu entwickeln, Energieeffizienz überhaupt festzustellen und zu prognostizieren.

Preisträgerinnen 2012: Master- und Diplomarbeiten

1. Preis: Kathrin Maria Pruisken (Universität Münster) | Gesundheitskampagnen und interpersonale Kommunikation: Eine Tagebuchstudie zum Einfluss von persönlichen Gesprächen auf Kampagneneffekte

Die Arbeit trägt den Titel: "Gesundheitskampagnen und interpersonale Kommunikation: Eine Tagebuchstudie zum Einfluss von persönlichen Gesprächen auf Kampagneneffekte". Prämisse ihrer Arbeit ist die – leider – häufige Feststellung, dass Gesundheitskampagnen, sei es zum Thema Alkohol, sei es zum Thema Drogen, Tabak etc. vielfach keine großen Effekte haben. Frau Pruisken stellt nun die Frage, ob begleitende Gespräche Kampagneneffekte unterstützen können, und arbeitet dabei mit einer Tagebuchstudie und dem konkreten Beispiel einer Gesundheitskampagne mittels verschiedener Filmspots gegen Alkoholmissbrauch. Beeindruckt hat dabei die Jury vor allem die Methode, mit der die Preisträgerin vorgegangen ist. Sie hat die theoretischen Grundlagen der Kommunikationswissenschaft und dabei speziell der Gesundheitskommunikation ausgearbeitet, innovativ miteinander verknüpft und zu Forschungsfragen / Hypothesen weiterentwickelt. Zudem wurde ein umfangreiches empirisches online Experiment anhand eines standardisierten Fragebogens in einem speziellen Adressatenkreis durchgeführt und ausgewertet. Dass sie dabei zu dem Ergebnis kommt, dass Gespräche über das Kampagnenthema gegebenenfalls eher schaden, jedenfalls nicht nutzen, mag man im Interesse der Gesundheit bedauern. Es ist aber jedenfalls ein wichtiges wissenschaftliches Ergebnis zu einem derzeit sehr aktuellen Thema, bei dem die Frage des Nutzens von Gesundheitskampagnen, deren besseren Zuschnitts und der begleitenden Aufklärungskultur neu wird gestellt werden müssen. Sollten sich Frau Pruiskens Befunde in weiteren Studien erhärten, hat das erhebliche Konsequenzen für die Planung von Gesundheitskampagnen.

2. Preis: Anke Wefers (Universität Bonn) | Der mündige Verbraucher: Wunsch und Wirklichkeit. Zur Geschichte und Interpretation eines Leitbildes der Verbraucherpolitik

Frau Anke Wefers hat eine Diplomarbeit im Fach Ökotrophologie mit dem Titel "Der mündige Verbraucher: Wunsch und Wirklichkeit. Zur Geschichte und Interpretation eines Leitbildes der Verbraucherpolitik" eingereicht. Dazu ist zunächst zu sagen, dass die Frage nach dem Verbraucherleitbild letztlich die ganze Verbraucherforschung immer schon und aktuell wieder beschäftigt, sodass das Thema nicht nur aktuell und ungeklärt, sondern im besten Sinne des Wortes interdisziplinär ist. Müssen wir vom mündigen, vom verletzlichen oder vom vertrauenden Verbraucher ausgehen? Für diese Frage suchen sowohl die Sozialwissenschaften und die Juristerei als auch die Ökonomie und die Ökotrophologie ebenso wie Politik und Verbände nach Lösungen. Frau Wefers besonderes Verdienst war es in den Augen der Jury, diese unterschiedlichen Ansätze zu beschreiben, zusammenzuführen und dabei Ideal und Wirklichkeit zu unterscheiden. Sie hat die historische Entwicklung des Leitbildes, die verschiedenen Ausprägungen und die Konsequenzen hieraus zutreffend dargestellt. Dies betrifft umfassend verschiedene wissenschaftliche Disziplinen. Die Stärken und Schwächen der untersuchten Leitbilder werden differenziert und kritisch analysiert, ohne zu verkennen, dass es einer Rückbindung der Diskurse an die vielfältigen Realitäten von Verbrauchern bedarf. Die Arbeit votiert nachdrücklich und überzeugend für eine Stärkung der kritischen Funktion der Verbraucherpolitik.

3. Preis: Ina Hook (Universität Bonn) | Vergleichende Bewertung der Bedienbarkeit und Barrierefreiheit von Toastern

Die Diplomarbeit von Frau Ina Hook im Fach Ökotrophologie trägt den Titel "Vergleichende Bewertung der Bedienbarkeit und Barrierefreiheit von Toastern". Es geht hier um das Problem, welche Kriterien für eine seniorengerechte und barrierefreie Bedienung von Haushaltsgeräten Bedeutung haben und wie diese – anhand eines praktischen Beispiels, nämlich dem Toaster - überprüft werden können. Frau Hook stellt die Frage, ob eine insoweit normierende Richtlinie, die die International Electotechnical Commission (IEC) zur Erleichterung der Bedienbarkeit von Haushaltsgeräten entwickelt hat, brauchbar ist, und welche eigenen Methoden als Alternative entwickelt werden könnte. Damit wird ein sehr wichtiges Thema aufgegriffen. Es gibt enormen Entwicklungs- und Handlungsbedarf bei einer barrierefreien Gestaltung von Haushaltstechnik. Seniorengerechte und barrierefreie Produkte fehlen nach wie vor. Frau Hook erarbeitet hier mit ausgezeichneter empirischer Methodik überzeugende Argumentationslinien heraus. Sie plädiert dabei unter anderem für eine Einbeziehung der Zielgruppen in den Entwicklungsprozess von Haushaltsgeräten und begründet eine Verantwortung von Senioren- und Verbraucherorganisationen in diesem Kontext. Frau Hook belässt es aber nicht bei Vorschlägen für die Entwicklung von Kriterien für die barrierefreie Bedienung, sondern formuliert auch die Idee, dass speziell für Senioren angebotene Produkte einen diskriminierenden Charakter haben können, statt ältere oder eingeschränkte Personen zu integrieren. Ihr Vorschlag eines "Designs für alle" fand deshalb Anklang in der Jury.