Geschlossener Call: "Schöne neue Verbraucherwelt? – Big Data, Scoring und das Internet der Dinge"

Stand:
Das Thema des 7. NRW-Workshops des Kompetenzzentrums Verbraucherforschung (KVF) NRW am 15. Juni 2015 sind die Auswirkungen von Big Data, Scoring und dem Internet der Dinge auf den Alltag und die Privatsphäre der Verbraucherinnen und Verbraucher. Interessierte Referentinnen und Referenten aus NRW können bis zum 13. April 2015 ihre Vorschläge einreichen.

Das Thema des 7. NRW-Workshops des Kompetenzzentrums Verbraucherforschung (KVF) NRW am 15. Juni 2015 sind die Auswirkungen von Big Data, Scoring und dem Internet der Dinge auf den Alltag und die Privatsphäre der Verbraucherinnen und Verbraucher. Interessierte Referentinnen und Referenten aus NRW können bis zum 13. April 2015 ihre Vorschläge einreichen.

Off

1. Schöne neue Verbraucherwelt?

Tagtäglich werden Daten von Verbraucherinnen und Verbrauchern im Internet erhoben oder von ihnen selbst preisgegeben. Dabei sind sowohl die weitere Verwendung der Daten als auch die möglichen Konsequenzen der dadurch entstandenen Profile für die Betroffenen unklar. Im Zeitalter der "flüchtigen Überwachung‟ (Baumann und Lyon 2013) sind die erhobenen Daten an keinen spezifischen Zweck gebunden, einmal erhobene Daten können ihrem Kontext entnommen werden. Big-Data-Analysen bieten der Wirtschaft und dem Staat vielfältige Möglichkeiten, die Datenbestände zu nutzen (vgl. Bala und Müller 2014).

Facebook, Google & Co. sind als "Datenkraken‟ bekannt, dennoch werden sie von vielen Verbaucherinnen und Verbrauchern freiwillig genutzt. Den meisten ist jedoch kaum bewusst, dass ihr Kauf- und Verbrauchsverhalten nicht nur online umfassend erfasst wird: Kundenkarten, Kameras und RFID-Funkettiketten werden genutzt, um die Präferenzen und das Verhalten der Kundinnen und Kunden zu vermessen. Ihre Zahlungsmoral oder Versicherungsanträge werden von Auskunfteien gespeichert und in intransparenten Verfahren zu Scorewerten verarbeitet: "Für die Betroffenen stellen sich bedeutsame Fragen: Wie kommen Scores zustande, wie werden sie kommuniziert, welche Folgen haben sie und wie können sie korrigiert oder gar gelöscht werden? Scores können über Zugriffsrechte entscheiden, über Bonusprogramme, Zusatzkosten, Rabatte oder Bonitäten. Ihr Wert eröffnet oder verwehrt Möglichkeiten.‟ (Schulzki-Haddouti 2014).

Dieser Trend wird mit der umfassenden Digitalisierung unserer Lebenswelt zunehmen und lässt ständig neue Herausforderungen für den Verbraucherdatenschutz entstehen:

  • Ubiquitious/Pervasive Computing (Internet der Dinge): Der stationäre Computer ist längst nicht mehr das einzige Gerät, das mit dem Internet verbunden ist: Smartphones, GPS-Empfänger, Fernseher, Radios oder Smart Meter sammeln, speichern, verarbeiten und kommunizieren tagtäglich Daten. Dieser Trend wird sich fortsetzen, der Computer wird hinter dem "Internet der Dinge" zurücktreten (siehe Mattern und Floerkemeier 2010). Alltagsgegenstände – Kühlschränke, Herde, die Beleuchtung, Autoreifen, neuerdings auch Zahnbürsten, etc. – werden ihre Funktionsweise und die Nutzung überwachen und auch miteinander kommunizieren.
  • Wearables, Quantified-Self, Lifelogging: Durch Wearable Computing eröffnen sich für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen neue Möglichkeiten. So ermöglicht das Körper- und Gesundheitsmonitoring (Self-Tracking) einerseits die Überwachung der eigenen Fitness und des Gesundheitszustandes (vgl. Selke 2014), andererseits bieten die ersten Versicherungen Tarife an, die auf den Daten des Self-Tracking beruhen. Das bedeutet, dass Versicherungskundinnen und -kunden, Vergünstigungen erhalten, wenn sie ihre Daten preisgeben – und letztlich auf der Basis dieser Daten von den Versicherungen bewertet werden.
  • Big Data und Scoring: Die gesammelten Daten eines Individuums können zu Profilen oder Scorewerten gebündelt werden, letztlich zählt dann nicht mehr das tatsächliche Verhalten, sondern die aus Big-Data-Analysen gewonnen Vorhersagen, also die Eigenschaften des digitalen Doubles. Das kann zu diskriminierenden Effekten führen: Bereits heute können Kundinnen und Kunden von Telefonhotlines aufgrund ihres Wertes für die Firma kategorisiert werden: Anfragen Kunden erster Klasse werden schnell bearbeitet, andere werden an preiswertere Call Center weitergereicht (vgl. Bauman 2009, 10–11).

2. Fachgebiete und Themen

Wir laden Sie ein, Vorschläge einzureichen. Mögliche Themen sind: Datenschutz, Datensicherheit, Privatsphäre, Internet der Dinge, Scoring, Big Data, Ubiquitious Computing, Pervasive Computing, RFID, Smart Home, Überwachung, Quantified-Self, Lifelogging, Wearables.

Die ausgewählten Themen sollen in einem 20-minütigen Vortrag auf dem 7. NRW-Workshop Verbraucherforschung am Montag, den 15. Juni 2015 vorgestellt werden. Willkommen sind Beiträge aus allen für die Verbraucherforschung relevanten Fachrichtungen (bspw. Informatik, Marketing, Ökonomie, Politikwissenschaft, Psychologie, Rechtswissenschaft, Sozialwissenschaft, etc.), aber auch interdisziplinäre Projekte.

Die einreichenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen ihren Dienst- oder Wohnsitz im Bundesland Nordrhein-Westfalen haben.

3. Deadline und Terminplanung

Bitte reichen Sie ein aussagefähiges Abstract (maximal 2 000 Zeichen inkl. Leerzeichen, Titel, Autorennamen und Keywords zählen nicht dazu) bis zum 13. April 2015 als PDF-Datei unter der folgenden URL ein:
www.vz.nrw.de/kvf-ws7-cfp-paper

Bis zum 27. April 2015 erhalten Sie Nachricht über die Annahme Ihres Vorschlags. Im diesem Fall werden wir Sie bitten, uns bis zum 11. Juni 2015 eine Präsentation (PowerPoint, Open/Libre Office Impress oder PDF) zuzusenden. Bitte beachten Sie, dass die Beiträge dieses Workshops als Sammelband in der Open-Access-Reihe "Beiträge zur Verbraucherforschung‟ erscheinen sollen. Die Abgabe der Manuskripte soll bis zum 31. Januar 2016 erfolgen.

4. Literatur

Bala, Christian und Klaus Müller. 2014. Der gläserne Verbraucher: Konsum und Überwachung. Sozialwissenschaftliche Vorbemerkungen. In: Der gläserne Verbraucher: Wird Datenschutz zum Verbraucherschutz?, hg. von Christian Bala und Klaus Müller, 11–40. Bd. 1. Beiträge zur Verbraucherforschung. Düsseldorf: Verbraucherzentrale NRW. http://www.ratgeber-verbraucherzentrale.demedia1153729A.pdf.

Bauman, Zygmunt und David Lyon. 2013. Daten, Drohnen, Disziplin: Ein Gespräch über flüchtige Überwachung. Berlin: Suhrkamp.

Bauman, Zygmunt. 2009. Leben als Konsum. Hamburg: Hamburger Edition.

Mattern, Friedemann und Christian Floerkemeier. 2010. Vom Internet der Computer zum Internet der Dinge. Informatik-Spektrum 33, Nr. 2 (April): 107–121. http://www.vs.inf.ethz.ch/publ/papers/Internet-der-Dinge.pdf.

Schulzki-Haddouti, Christiane. 2014. Zügelloses Scoring: Kaum Kontrolle über Bewertung der Kreditwürdigkeit. c’t, Nr. 19 (19. September): 38. http://heise.de/-2393099.

Selke, Stefan. 2014. Lifelogging als soziales Medium? – Selbstsorge, Selbstvermessung und Selbstthematisierung im Zeitalter der Digitalität. In: Technologien für digitale Innovationen, hg. von Jürgen Jähnert und Christian Förster, 173–200. Wiesbaden: Springer. doi:10.1007/978-3-658-04745-0_8.